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Offenstall Vorteile, Nachteile
Pferdehaltung

Offenstall – Ja oder Nein?

Offenställe liegen im Trend. Das ist grundsätzlich auch gut so, immerhin haben wir es mit Bewegungs- und Herdentieren zu tun, wenn wir von Pferden sprechen. Nicht immer aber ist der Offenstall auch die richtige Wahl. Bzw. ist nicht immer der ins Auge gefasste Offenstall wirklich ideal.

Vielleicht habt ihr euch selbst gerade für einen Umzug in einen Offenstall entschieden und steht nun vor unlösbaren Problemen? Hier ein paar Punkte, die ihr vorab abklären könnt und dem entsprechend vielleicht doch nach Alternativen suchen solltet:

Das Offenstall-Areal ist zu klein
Ein Offenstall muss genügend Platz bieten. Die Ruhebereiche müssen es jedem Pferd erlauben zu liegen, zu schlafen oder auch zu dösen. Es macht wenig Sinn, wenn 10 Pferde auf 20×40 Metern zusammen wohnen und sich gegenseitig nicht ausweichen können. Jedes Pferd, besonders ein Rang niedriges, muss bei Bedarf die Möglichkeit haben, von den Anderen Abstand zu gewinnen. Nicht selten hört man heute von gestressten Pferden in Offenstallhaltung. Dies resultiert wohl eben oft aus zu wenig Platz, zu wenigen Futterstellen und zu wenigen Ruheplätzen. Oft sieht man sogar fragwürdige Engpässe, die es den Pferden unmöglich machen, anderen auszuweichen, bzw. ihnen zu entkommen.

Es sind zu wenige Futterstellen vorhanden

Sogar meine beiden Ponys benötigen ab und an zwei Futterstellen, weil der Große den Kleinen vom Heu vertreibt, was zeigt, wie wichtig mehrere Futterstellen sind. Es reicht nicht aus, wenn eine Heuraufe vorhanden ist und sei sie auch noch so gut gefüllt. Mehrere Futterstellen, diese ausreichend weit von einander entfernt platziert, sind notwendig, um jedem Pferd eine ausreichende Heuversorgung zu ermöglichen.

Jedes Pferd muss ausreichend mit hochwertigem Heu versorgt werden können 

Ein weiterer Punkt ist die ausreichende Befüllung der Futterplätze. Wie wir wissen, sind die Zeiten der zwei Heuhaufen pro Tag vorbei. Was sich im Offenstall als schwierig erweist, ist die individuelle Fütterung. Das Robustpferd ist sehr leichtfuttrig, benötig dem entsprechend weniger, das Sportpferd benötigt mehr Heu, um seinen Tagesbedarf zu decken. Hier ist die Zusammenstellung der Gruppe ein wichtiges Thema. Man sollte vielleicht überlegen, ob es schlau ist, einen ev. übergewichtigen, schon mit Hufrehe oder ähnlichen Krankheiten vorbelasteten Haflinger mit einem alten, schwerfuttrigen Vollblüter zusammen zu halten. Oder ein anderes Beispiel: meine Ponys benötigen viel weniger Heu, als unser Haflinger. Die Ponys werden aus einem Heunetz gefüttert, der Haflinger bekommt so viel Heu, wie er möchte, da er sonst nicht ausreichend versorgt werden könnte. Würde ich den Ponys derart viel Heu anbieten, wären Wohlstandskrankheiten vorprogrammiert. Anders herum darf man an gutem Heu aber nicht sparen. Das Argument „ist eh die Wiese offen“ zählt heutzutage nicht, weil die Wiese oftmals nur fett ist und wenig Vielfalt an Pflanzen bietet. Letztes Jahr habe ich eine Bekannte besucht. Grundsätzlich ein schöner Stall, das Heu wurde aber extrem rationiert, weil ja die Wiese offen ist. Sieht man sich die Wiese an, findet man aber nix außer Löwenzahn und Klee. Wiese ist also nicht gleich Wiese. Also wieder, ausreichend gutes Heu für eine bedarfsähnliche Pferdegruppe ist ein Muss.

Zu viele Pferde in der Gruppe

Die Gier macht vor Pferden nicht halt, oder grade vor Pferden nicht? Masse ersetzt Qualität, das darf nicht sein. Immer öfter sieht man Ställe, in denen viel zu viele Pferde in einer Gruppe leben. Alle unterschiedlichen Charakters auf viel zu kleinem Areal. Eine große Pferdegruppe ist selten vorteilhaft. Wildpferde leben selten in großen Gruppen und darf man hier nicht vergessen, dass sie immer genügend Möglichkeiten haben, von einander Abstand zu halten. Also lieber eine kleine, harmonische Gruppe, als 200 Euro mehr im Monat (sagt sich so leicht, gell?).

Die Zusammenstellung der Pferde passt nicht

Auch die Zusammenstellung der Pferdegruppen ist ein sehr wichtiges Thema. Weitläufig gilt die Meinung, Pferde würden sich die Rangordnung ausmachen und leben dann friedlich miteinander. Das aber stimmt so nicht. Es gibt tatsächlich auch Pferde, die sich gegenseitig nicht „riechen“ können! Sorry, wenn jetzt eure Illusionen zerstört sind. Für die Zusammenstellung einer Gruppe für den Offenstall ist es wichtig, jedes Pferd individuell zu betrachten und nicht immer passen alle Pferde zusammen. Ein guter Offenstall würde wohl 2 – 3 Gruppen bieten, um im Bedarfsfall Pferde auszutauschen und in optimalere Verhältnisse einzugliedern.

Euer Pferd ist sozial nicht kompatibel

Hier sehe ich jetzt schon eine große Diskussion aufflackern.. Allerdings ist es nun mal so, dass gerade jetzt eine Generation an Pferden auf der Welt ist, die wenig optimal (also nicht in der Herde) aufgewachsen ist, dem entsprechend einige Verhaltens-Defizite aufweist und teilweise eben so gar nicht weiß, wie ein Pferd in der Gruppe funktioniert. Solche Pferde kann und darf man nicht sich selbst überlassen, so nach dem Motto „ist ein Pferd, wird sich schon zurecht finden“! Weil es sich eben nicht zurecht finden wird. Ich selbst hatte einen Wallach, der aus Boxenhaltung stammt, mit wenig bis keinem direkten Sozialkontakt. Er hatte bis zum Schluss Schwierigkeiten, sich in der Gruppe angemessen zu benehmen. Hat man hier noch ein generell Rang niedriges Tier, wird es sich im Offenstall keines Falls zurecht finden. Insofern ist nicht immer alles Gold, was glänzt und müssen wir solche Tiere individuell betrachten. Heißt natürlich nicht, dass ich Boxenhaltung ohne Weidegang befürworte, das ist hier keines Falls als Beispiel gedacht. Aber manchmal ist eben vielleicht doch die große Box mit Weidegang in der Gruppe (wiederum bedacht zusammengestellte Herde) die bessere Lösung. Nicht, weil das Pferd Probleme macht, sondern weil der Mensch ihm diese Probleme gemacht hat.

Viel Wechsel innerhalb der Gruppe

Eine Herde im Offenstall muss gut durchdacht zusammengestellt sein. Aber darf auch kein ständiger Wechsel der Pferde statt finden. Die Gruppe sollte so gut wie möglich harmonieren, was unmöglich ist, wenn monatlich ein Pferd geht und ein neues kommt. Entscheidet man sich also für die Haltung im Offenstall, entscheidet man sich auch für einen bestenfalls lebenslangen Platz. Das sollte sich wirklich jeder zu Herzen nehmen und sich bewusst machen beim Stallwechsel. So ein Pferd baut Freundschaften auf, gliedert sich in eine Gruppe ein und nehmen wir wieder das Wildpferd als Beispiel: Es bleibt lebenslang in der selben Gruppe (den Nachwuchs klammern wir aus, der wechselt die Gruppe natürlich). Ein ständiges Kommen und Gehen von Pferden bedeutet Stress für jedes Tier und Streitereien sind an der Tagesordnung. Das Reiter-Nomadentum also packe sich an der Nase und beginne umzudenken.

Schlechter Untergrund

Das Offenstall Areal muss über gute Untergründe verfügen. Matsch oder große, spitze Steine schaden den Hufen, das darf nicht sein. Verschiedene Untergründe sind absolut empfehlenswert, dann aber bitte trocken und ohne Verletzungsrisiko. Auch ist es fragwürdig, wenn ein Areal gepflastert ist, so dass alle Pferde Hufeisen tragen müssen (Jaha, schon gesehen!). Ich habe letztes Jahr einen Stall gesehen, der über ein riesen Matsch-Areal (Knietief) verfügte und über ein gepflastertes Futter-Areal. Ob das nun wirklich optimal ist? Eher nicht. Bei der Besichtigung sollten euch also unbedingt die Untergründe interessieren. Was hat man von faulen Hufen, weil alles nass und Matschig ist, von Sehnenverletzungen, weil das Pferd nur rutscht oder von einem Muss des Beschlagens, weil der Untergrund zu viel abreibt, als dass Barhufgang möglich wäre? Nix, richtig! Schön ist es natürlich, wenn sowohl guter Schotter, als auch erdige Untergründe etc. vorhanden sind.

Ausstattung des Offenstalles

Wie schon nebenbei erwähnt, muss das Areal genug Platz bieten. Allerdings sind auch genügend Ruheplätze und Unterstände ein Muss. Dass ausreichend Wasser und Futterplätze vorhanden sein müssen, haben wir schon geklärt. Engpässe müssen vermieden werden. Die Unterstände müssen vor Witterung und Wind schützen. Da kann der Unterstand noch so toll sein, wenn von jeden Seiten der Wind hinein bläst. Und es hilft auch keinem, wenn ein Unterstand zur Verfügung steht, den aber nur 2 – 3 Pferde nutzen und Rang niedrigere Pferde draußen stehen, weil sie nicht rein dürfen.

 

Also grundsätzlich bin ich absolut pro Offenstall und pro Gruppenhaltung. Ein gewisses Maß an Grundausstattung und Rücksicht aufs Pferd darf aber erwartet werden 🙂

Genießt den Tag!

Allerliebste Grüße,
Tash

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