Wie war das noch mit dem Respekt? Immer wieder (oder immer öfter?) lese ich hie und da die Frage der so genannten (oder selbst ernannten?) „Natural Horsemanship“-Leute
„Wie verschaffe ich mir mehr Respekt?“
Da kommt aber bei mir die frage auf, was hier mit Respekt tatsächlich gemeint ist. Ehrfurcht vor dem imposanten ICH, welches auf diesem Wege noch etwas mehr an Attraktivität erlangen möchte? Mein Pferd muss mich als „Führer“ ernst nehmen? Sorry, aber das grenzt für mich an Diktatur. Die Vorstellung mancher Menschen, was das Team Pferd-Mensch angeht, gefällt mir so garnicht.
Vielleicht aber, und ja, auf diese These bin ich ganz alleine gekommen, betreffen solche Fragen ein neues Modewort Namens Respeckt? Ich bin ja doch ein Hinterweltler und bekomme nicht immer alles sofort mit. Modewörter schon garnicht. Also könnte man als Aussenseiter das Wort Respeckt mit eben Untertanen, Diktatur, Gefolge in Verbindung bringen? hmmm… lasst mich überlegen, das hätte jetzt fast was inspirierendes, wenn mich nicht die in Verbindung genannten Begriffe doch etwas irritieren würden.
Gut. Respeckt. Respeckt soll also das Pferd vorm Menschen haben. Demut? Nein. Demut ist ein schönes und gutes Wort, das wollen wir nicht beschmutzen. Angst? Angst passt gut. Das Pferd darf ja schließlich schon auch bissl Angst vor uns haben, um nicht auf dumme Ideen zu kommen, oder? Hörig? Wäre auch passend, das Pferd soll ja schließlich auf unsere Anweisungen reagieren. Hier könnte ich wohl ewig weiter nachdenken, bringt aber wenig, denke ich.
Respekt verlangen bedeutet respektvoll behandeln!
Meine Interpretation des Wortes Respekt (und jetzt spreche ich nicht mehr vom neuen Modewort) wäre ein fairer Umgang, ein harmonisches Miteinander. Das Pferd darf gerne auch mal Wünsche äussern und es zeugt von Respekt, wenn ihr darauf eingeht. Wenn etwas im Training nicht klappt, hinterfragt nicht euer fehlerhaftes Pferd, sondern bitte auch euch selbst. Seid ihr klar in euren Anforderungen? Habt ihr eventuell einen schlechten Tag und lasst das euer Pferd spüren?
3 Comments
Tamaro
atEin Leittier macht etwas für sich aus seiner Natur heraus, und die anderen folgen ihm, wenn es fraglos für sie ist, dass es richtig ist.
Kein Zwang von außen ist es, was sie dazu bringt, nur diese selbstbewusste Haltung des Leittieres.
Es ist das Vertrauen darauf, dass das Leittier weiß, was es tut, was die Herde dazu zu bringen, dem Leittier zu folgen und 'blind' über den Zaun zu springen.
Und das ist es, so denke ich, was die Verantwortung des 'Leittieres Mensch' ausmacht, nämlich, dieses Vertrauen der ihm anvertrauten Tiere nie zu missbrauchen, sondern sich immer so zu verhalten, dass diese sich in seiner Gegenwart immer sicher geleitet fühlen.
Liebe Grüße, Tamaro
P.S.:
Ein schöner Eintrag und ein schönes Foto! 🙂
Miri
atSehr schöner Post! Dadurch, dass auch Natural Horsemanship 1000 verschiedene Gesichter hat, kann ich mich damit auch nicht identifizieren – mit der Grundidee, die dahintersteckt aber sehr wohl. Ich bin auch vorsichtig geworden, solche Begriffe zu nennen, schließlich sind wir alle so geprägt von Videos und Fotos aus dem Netz, die die vermeintlich tolle Beziehung mit „Respeckt“ auf allen Ebenen zeigen sollen.
Es ist ein bisschen wie mit Beziehungen zwischen zwei Menschen. Von außen lässt sich vermeintlich schnell beurteilen, wer wen nicht ausreden lässt oder wer zu dominant ist und der anderen Person keine Schnitte lässt – doch wirklich beurteilen können es nur die beiden Menschen, die in der Beziehung leben.
Ich bin im Moment sehr begeistert von Mark Rashid, der erklärt in einem Buch dass das Pferd, welches ständig um seinen Rang kämpfen muss, zwar „Respeckt“ seiner Herde erhält, weil ihm alle schnell aus dem Weg gehen – das wahre Leittier verschafft sich den Respekt allerdings durch kluge Entscheidungen, weise Voraussicht und großem Verantwortungsbewusstsein. Seine Herde folgt ihm, weil sie es will, nicht weil sie Angst vor ihm haben. <3
Pferdeflüsterei
atEin schöner Artikel! Ich glaube, dass es viele verschiedene Ideen und Gesichter hinter Natural Horsemanship gibt. Bernd Hackl meinte mal zu mir, dass der Begriff „Natural Horsemanship“, so wie er heute oft verwendet wird, nichts mehr mit der Ursprungsdefinition zu tun hat. Also, wenn KLeute Seil schwingend durch die Gegend laufen und glauben ein Horseman zu sein, weil sie mit dem Knotenhalfter arbeiten und sich „zubehör“ gekauft haben. Für ihn ist Horsemanship ein Zustand, den man sich über viele Jahre, mit viel Geduld und Erfahrungswerten erarbeitet. Das ist eine Definition von Horsemanship, der ich folgen kann. Sozusagen ein „Pferdemensch“ zu werden. Die Pferde zu verstehen, mit ihnen respektvoll zusammenzuarbeiten. Egal ob auf dem Pferd oder mit der Bodenarbeit. Ob nun mit Clicker oder mit Lob und vielleicht auch mal mit Konsequenz. Aber bitte imer mit ruhe, Geduld und Verständnis. Fand ich einen richtigen Gedanken. Alles Liebe, Petra