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Ursachenforschung, Problemlösung
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Pferdetraining: Von Problemanalyse und Ursachenforschung zur Lösung

Probleme im Training mit Pferden sind vielfältig. Immer wieder stoßen wir auf scheinbar unüberwindbare Blockaden. Wir Menschen neigen dazu, diese Probleme zu humanisieren und werden ärgerlich oder verstärken unsere Hilfen, anstatt zu analysieren, wo die Ursache liegen könnte.

Warum Problemlösung über Problemanalyse und Ursachenforschung führt?

Das möchte ich euch anhand von ein paar Beispielen in der Arbeit mit meinen Pferden zeigen! Probleme gibt es viele. Ebensoviele Ursachen und Lösungen gibt es auch.

Vom Abdriften, über Akzeptanz zu  Förderung

Spencer zum Beispiel lernt gerade, in einem schönen Kreis an der Longe zu laufen. Dabei dreht er auf der linken Hand die Hinterhand weg, so dass ich ihn nicht weiter treiben kann. Der ärgert mich, oder?

Nein. Ich stehe einfach zu weit vorne an ihm und blockiere ihm den Weg, bzw. fördere ich damit ein Anhalten und Abdrehen. Auf der anderen Hand akzeptiert er mich nicht neben sich und versucht, mich wieder auf seine andere Seite zu bringen. Aufmüpfiges Tierchen, oder?

Was aber, wenn ich einfach aus Bequemlichkeit mehr seine linke Seite gefördert habe, als seine rechte Seite? Was wenn ich ihn immer an meiner rechten Seite führe, anstatt zu variieren und ihn daran zu gewöhnen, sowohl links als auch rechts neben mir zu laufen?

Und hier haben wir schon die Problemanalyse und die Ursachenforschung hinter uns gebracht. Bevor ich also von ihm verlange, sich im Kreis um mich rum zu bewegen, muss ich erst das Grundproblem, die Akzeptanz, lösen. Natürlich hätte ich ihn zwingen können, irgendwie. Ich könnte mich über ihn ärgern, vorne zerren, hinten peitschen, das Ergebnis wäre aber sicher kein Pferd, das verstanden hat, was ich von ihm möchte, sondern ein Pferd, das meinen Hilfen ausweicht und verzweifelt nach irgendwelchen Lösungen sucht, um diesem wirren „Peitschgezerre“ zu entkommen. Mit viel Glück hätte er vielleicht die richtige Antwort gefunden, aber ein Lerneffekt wäre wohl nur mit sehr viel Glück entstanden.

Man kann einem Kind nicht das Rechnen beibringen, bevor es die Bedeutung von Zahlen kennt. 

 

Vom Ausweichen über falsche Körpersprache zum korrekten Kruppherein

Herr Pony und ich haben seit ein paar Wochen eine neue Trainerin. Sie unterrichtet uns in gymnastizierender Bodenarbeit. In der letzten Einheit hat sie uns gezeigt, wie wir ein korrektes Kruppherein erarbeiten. Als ich ein paar Tage später daran arbeiten wollte, schaffte ich es nicht, den Herrn ins Kruppherein zu bewegen. Stattdessen wich er aus und kringelte um mich herum. Zugegeben, bin ich ganz gut darin, den Fehler bei mir zu suchen. Und da lag er natürlich auch. Fakt ist also, dass ich an meiner Position, meiner Körpersprache und meiner Koordination arbeiten muss – nicht an einer Korrektur des Ponys. So wechselten wir auf die andere Seite, auf welcher ich mich sicherer fühle und meinen Körper besser im Griff habe. Siehe da, Pony nimmt die Kruppe nach innen. Auf dieser Seite bin ich gelassen, weiß was ich tue, begrenze ihn gut, ohne ihn in seiner Bewegung zu stören oder sogar in unerwünschte Bewegungen zu zwingen.  Gelingt mir das, gelingt auch das Kruppherein. Der nächste Schritt wird sein, mit einem ausgebildeten Pferd nur an mir zu arbeiten. Dies erleichtert es mir, die richtige Position zu finden, ohne das sich in Ausbildung befindende Pony zu irritieren.

Pantomime: Man sollte nicht einen weinenden Menschen darstellen, wenn man ein Lachen als Antwort will.

Vom Stress über fehlendes Vertrauen zur Entspannung

Ich arbeite seit Kurzem wieder mit dem jungen Haflinger. Er ist sehr abhängig von seiner Herde, scannt ständig die Umgebung und ist in angespannter Erwartung von Geistern, die auf ihn springen. Dass ich, die ich mit ihm im Roundpen stehe, hier nicht oberste Priorität habe, sollte mir klar sein. Auch ist es in solchen Situationen unfair, etwas zu verlangen, das höchste Konzentration fordert. Ich könnte ihn jetzt um mich rum scheuchen und akzeptieren, dass er sich von mir mehr gestört fühlt, als von seiner Umwelt. Aber würde es uns und unser Training tatsächlich voran bringen? Vermutlich nicht. Ich muss also daran arbeiten, dass er sich auf mich verlässt. Ich sollte für eine entspannte Situation sorgen, um ein Lernen zu ermöglichen. Dafür habe ich einen unkonventionellen Weg gewählt. Ich tat es ihm gleich. Ich wanderte über den Roundpen, starrte mal hier, mal dort in die Ferne, um dann weiter zu wandern und vermeintlich Wichtiges zu scannen und zu bewerten. Der Haflinger wollte sich mir anschließen und hinter mir her wandern. Ich aber habe ihn gebeten, Abstand zu halten – hatte ich ja im Moment wichtigeres zu tun, als mich um ihn zu kümmern. Dann stellte ich mich in die Mitte des Sandplatzes, atmete aus, entlastete ein Bein und begann, die Seele baumeln zu lassen. Der Haflinger beobachtete mich, kam zu mir und tat es mir gleich. Ich hatte jetzt also ein entspanntes Pferd neben mir stehen und so ideale Voraussetzungen für unser Training geschaffen. Manchmal braucht es unkonventionelle Wege 🙂

Bringt man einen Menschen mit Höhenangst auf eine wackelige Brücke, sollte man ihn nicht darum bitten, dort oben ein Gedicht auswendig zu lernen.

 

Warum erzähle ich euch das alles?

Wenn man mit Pferden arbeitet, muss man als Mensch in der Lage sein, negative Emotionen fallen zu lassen. Man muss ab und an Situationen, aus denen man nicht heraus findet, analysieren und deren Entstehung hinterfragen. Oftmals neigen wir dazu, zu viel zu erwarten und vergessen dabei, dass wir einen wichtigen Schritt in der Erarbeitung übersprungen haben. Wir müssen die Fähigkeit besitzen, Trainingsschritte in Details zu zerlegen, um da anzusetzen, wo der Ursprung des Problems liegt.

 

Zusammengefasst bedeutet das bei Auftreten von Schwierigkeiten:

Lehre die Bedeutung von Zahlen, erst danach kommt das Rechnen:

  • Problem feststellen und benennen
  • versuchen, herauszufinden, wo der Ursprung des Problemes liegt
  • im Training auf diesen Punkt zurück kehren und an der Ursache arbeiten (siehe Problemdarstellung Spencer)

oder Zeige das Lächeln, wenn du ein Lächeln als Antwort erwartest: 

  • Kommando überprüfen
  • An der richtigen Kommandogebung arbeiten (siehe Problemdarstellung Herr Pony)
  • Erst, wenn die Körpersprache und das Kommando eindeutig sind, ist ein Fortführen des Trainings möglich

oder Räume den Stressfaktor aus, bevor du um das vortragen des Gedichtes bittest

  • Den Störfaktor feststellen und benennen
  • Anstatt des Trainings am Störfaktor arbeiten (siehe Problemdarstellung Haflinger)
  • Erst, wenn der Störfaktor aus dem Weg geräumt ist, ist ein konzentriertes Training möglich

 

Lesetipps:

„Das Pferd widersetzt sich – was tun?“

„Widerstand im Pferd – und wie wir ihn auflösen“

Abschließend sei noch erwähnt, dass jeder Fehler macht. Fehler sind erlaubt und fördern unser Können. Aber erst, wer in der Lage ist, sich zu hinterfragen und eigene Fehler zu erkennen, wird ein guter Trainer sein.

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