Warum Ponys, wenn du doch auch reiten könntest?

Immer wieder schallt mir die Frage entgegen „Warum Ponys und kein Reitpferd?“. Die Frage ist nicht so einfach zu beantworten. Natürlich wünsche ich mir manchmal, dass ich auf dem Rücken meines Pferdes durch die Landschaft galoppieren könnte.

Wie alles begann..

Als ich vor fast 8 Jahren Herrn Pony zu mir geholt habe, wusste ich, dass er als Reitpferd eigentlich etwas zu klein für mich war. Und irgendwas in mir wollte ihn auch nicht haben. Dennoch zog er bei mir ein und heute weiß ich warum.

 

Damals wusste ich natürlich nicht, dass er immer hier und dort Wehwehchen haben wird, die es unmöglich machen, ihn so zu trainieren, dass er mich unbeschadet tragen kann. Und Letzteres ist mir einfach wichtig. Natürlich könnte ich ihn reiten. Ich würde ihm aber damit nicht gut tun. Wer will schon seine eigenen Interessen über das Wohl des darunter leidenden Freundes stellen? Ich nicht.

Und da sind wir schon am Punkt – Er ist mein Freund!

Freunde nimmt man so wie sie sind. Freunde wechselt man nicht nach deren Eigenschaften aus. Freunde akzeptiert man. Mit all ihren Fehlern und Mängeln. Und wir hier machen eben das Beste aus den Umständen. Der Herr hat mir in den letzten Jahren so viel beigebracht, wie es niemand anderes hätte tun können. Ich habe mich, so denke ich, als Mensch enorm weiter entwickelt. Mein Feingefühl, meine Rücksicht auf Andere, mein Mitgefühl, das alles wäre nicht so gewachsen, wäre dieses eine nicht reitbare Pony nicht in mein Leben getreten.

Lehrmeister unreitbares Pony

Heute kann ich den Alltag hinter mir lassen, mich ganz der Freude des Momentes öffnen und für ein paar Stunden einfach glücklich sein. Im Moment sein, die kleinen Dinge schätzen. Fernab von materiellen Dingen, von reiterlichen Erfolgen und Ehrgeiz. Der Herr hat mir beigebracht, meine Energie gezielt einzusetzen, meine Körpersprache zu nutzen, Gewohntes zu hinterfragen und mich zu trauen, neue Wege zu beschreiten.

Dieses unreitbare Pony macht mich jeden einzelnen Tag glücklich und sei das nur für einen kleinen Moment. Er lässt mich hinter die Kulissen blicken, hat Geduld mit mir und lehrt mich täglich Neues. Diese Möglichkeit hätte ich ihm wohl niemals gegeben, hätte unser Zusammensein von Beginn an so funktioniert, wie ich es mir damals, vor 8 Jahren, vorgestellt hatte, als ich auf der Suche nach einem Reitpferd war.

 

 

Gut, aber wozu NOCH ein Pony?

Eure Frage „Warum dann noch ein Pony, das du wieder nicht reiten kannst?“ ist berechtigt. Auch das war so nicht geplant. Als Spencer einzog, war es mir zwar eigentlich egal, ob er groß oder klein, dick oder dünn, hässlich oder hübsch ist. Die Info der Tierärzte „Na, der wird so an die 1,30 m Stockmaß bekommen!“ war dennoch verlockend – zugegeben. Diese Info aber hätte man auch an Spencer weitergeben sollen, der heute mit 3,5 Jahren einen stolzen Meter misst. 😀 Aber auch hier passt dieser wieder viel zu kleine Kerl einfach perfekt in unsere kleine Gruppe.

Er versteht sich prima mit dem Herrn, die beiden sind mittlerweile dicke Freunde. Und wieder lerne ich ganz viel dazu. Spencer ist unkompliziert, er ist pur. Er ist einfach er und zeigt das auch. Ein Pony durch und durch mit einer speziellen, mir bisher nicht bekannten Schwäche: Unsicherheit.

Er vertraut sich selbst oftmals nicht, also liegt es an mir, ihm diese Sicherheit beizubringen. Gerade das stellt mich ganz oft vor große Schwierigkeiten, weil ich dazu neige, zu viel Rücksicht zu nehmen. Spencer wird also, genau wie der Herr, mir auf meinem Weg ganz viel mit geben.

Der Weg fängt gerade erst an!

Irgendwann werden die beiden mir vielleicht beigebracht haben, meine Mitte zu finden. Die Waage zu halten und alles im richtigen Maß einzusetzen und auszutarieren.

So habe ich also zwei Ponys an der Seite. Zwei Freunde, für deren Freundschaft ich sehr, sehr dankbar bin. Freunde, die mich so akzeptieren wie ich bin, mit meinen Fehlern und Schwächen. Freunde, die es verdient haben, so akzeptiert zu werden, wie sie sind. Ihr würdet doch Menschen auch nicht nach deren Aussehen bewerten? Oder lehnt ihr dicke Menschen ab? Vielleicht auch kleine Menschen, oder hagere Menschen? Würdet ihr mit jemandem nicht befreudet sein wollen, weil er nicht Tennis spielen kann, oder Skifahren? Eben.

 

Darum Ponys!

So habe ich zwar keine vollwertigen Sportpartner, aber vollwertige Freunde. Freunde bereichern unser Leben ganzheitlich, sportliche Erfolge sind nur ein ganz kleiner Teil davon, auf den ich gerne für die Freundschaft verzichte.