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Bodenarbeit

Natural Horsemanship – Was es für mich ist und was davon bleibt

Natural Horsemanship – Was es für mich bedeutet, welche Eindrücke die bekannten Methoden hinterlassen und warum jetzt alles anders ist.
Die Bedeutung von Natural Horsemanship wird wohl für jeden etwas anders lauten. Anfangs träumte ich davon, durch diverse Methoden mit meinem Pferdchen eins zu werden und glücklich und verträumt gemeinsam in vollem Vertrauen und klarer Verständigung durchs Leben zu tanzen.
Heute kann ich sagen, dass die Bedeutung für mich darin liegt, dass beide Seiten mit Freude an neuen und bereits gelernten Lektionen arbeiten. Das Erhalten der Motivation des Schülers (Pferd) sowie eine lösbare und akkurate Aufgabenstellung des Lehrers (Mensch) legen den Grundstein. Wobei hier gleichzeitig die größte Herausforderung in der Klarheit der Anweisungen des Menschen liegt.
Aber zerklauben wir mal als erstes das Join Up von Mony Roberts:
Das Pferd wird gemeinsam mit dem Menschen in ein Roundpen gesperrt. Der Mensch ist mit einer Gerte oder mit einem Seil bestückt und schickt damit das Pferd vorerst von sich weg. Er bringt das Pferd zB dazu, anzutraben und hindert es daran, die Gangart zu wechseln. Senkt das Pferd den Kopf oder leckt es die Lippen, lässt der Gerten/Seil-Druck nach. Wechselt das Pferd aber von selbst die Gangart, pariert also zB zum Schritt durch, ohne, dass es ihm abverlangt wurde, wird der Druck sofort erhöht und das Pferd wieder zum Traben gebracht. Das erwünschte Endergebnis, wie folgt: Der Mensch erlaubt dem Pferd, auf ihn zu zu kommen. Das Pferd folgt dem Menschen wohin er geht und stoppt, sobald der Mensch vor ihm stehen bleibt. Das Pferd hat sich also dem Menschen als ranghöheres Tier angeschlossen – so die Message.
Analysieren wir diesen Vorgang und diese Methode mal: Der Vorgang basiert auf Druck, welcher auf das Tier ausgeübt wird. Druckmittel dabei die Gerte bzw. das Seil und der forsche, angreifende Mensch. Pariert das Pferd, wie oben erwähnt zum Schritt durch, wird es damit bestraft, dass sofort wieder Gerte/Seil zum Einsatz kommen. Ausweichmöglichkeiten hat das Pferd im Grunde keine. Es kann nach vorne weglaufen, sich umdrehen und auf der anderen Hand am Zirkel laufen. Es flüchtet also vor dem Druck. Nun hat auch ein Pferd nur begrenzt Energie zur Verfügung und wird sich am Ende „geschlagen“ geben um dem Druck endgültig zu entkommen. Dies nicht deshalb, weil es sich dem Menschen anschließt, sondern um sich vor Druck und Stress in Sicherheit zu bringen. Es resigniert – es gibt auf. Die erlernte Hilflosigkeit lässt grüßen…
Hier ein Video aus Youtube, welches zeigt, wie Monty Roberts ein Pferd mit dieser Methode arbeitet:
Für ein ungeübtes „Pferdeauge“ erscheint diese Methodik harmonisch und effektiv. Hat man sich aber mit dem Pferd, seinem Verhalten und seinem Ausdruck auseinander gesetzt und kann gewisse „Antworten“ deuten, sieht man, dass sich das Pferd ergibt, die Angst aber bleibt. Ein Pferd wird immer nach einer Lösung suchen, dem Stress zu entkommen und so wieder in einen „Wohlfühlzustand“ der Ruhe zurückzukehren. Beziehungsweise gibt es sich eben geschlagen, weil es ohnehin keinen Ausweg hat. Immer noch gibt es Menschen, die an dieser Methode festhalten und Positives darin sehen. Ein Umdenken aber wäre sinnvoll und wünschenswert. Hierzu ist es auch wirklich empfehlenswert, sich über die Ethologie der Pferde näher zu informieren, um Gesichtsaudrücke, Körperhaltung etc. verstehen zu lernen.
Mein Fazit hierzu: Schön zu wissen was es ist, um einen großen Bogen darum machen zu können!
Gehen wir weiter zu Herrn Parelli und seiner Ausbildungsmethode:
Alles in allem ein gut durchdachtes Ausbildungssystem, welches aber zum Großteil aus negativer Verstärkung (Ich mache Druck, das Pferd gibt die richtige Antwort, Druck wird sofort weg genommen) besteht. Als zusätzliche Bestätigung, erhält das Pferd eine „Nachdenkpause“, sobald es richtig geantwortet hat, was gleichzeitig als Lob dient.
Die Ausbildungswege selbst, alle sieben Spiele betreffend, sind sowohl für Pferd als auch Mensch gut gegliedert und in langsamen, fortführenden Schritten aufgebaut. Dies führt tatsächlich zu einer besseren Verständigung beider Seiten, da unklare irgendwas aussagende Anweisungen verschwinden und das Pferd somit nicht mehr ständiger Verwirrung ausgesetzt ist. Auch die Druckstufen von Andeutung zu deutlicher Anfrage sind schön aufgebaut, was zur Folge hat, dass das Pferd lernt, schon auf kleinste Bewegungen zu reagieren. Der Mensch wird gleichzeitig auf diese Bewegungen reduziert und ist somit verhindert, im Affekt hektisch auf das Pferd einzuwirken. Alles in allem also ein gutes Lernsystem für beide Seiten.

So geht Natural Horsemanship!

Was mir aber an dieser Methode aber so gar nicht gefällt, ist die Message dahinter. Diese erzählt, dass man mit seinem Pferd auf dessen Sprache kommuniziert, somit der Herdenchef wird und das Pferd die vom Menschen ausgeführten Bewegungen sowieso versteht, weil diese so innerhalb der Herde stattfinden. Das sehe ich etwas anders. Ein Mensch ist eben ein Mensch und kein Pferd. Dementsprechend ist er weder stumm, hat die Augen nebeneinander vorne am Gesicht und fletscht sozusagen die Hähne, wenn er sein Pferd anlächelt. Ausserdem sind wir Menschen auf Angriff ausgelegt und nicht, wie das Pferd, von Flucht getrieben. Wir stehen auf zwei Beinen und nicht auf allen Vieren. Schon gar nicht auf unseren Zehenspitzen. Dies allein sind genug Gründe, warum uns das Pferd niemals als seinesgleichen ansehen wird. Schon kann es sich uns anschließen (muss es ja, es gehört uns ^^) und mit uns zusammenarbeiten. Niemals aber wird es lieber mit uns auf der Weide stehen, als mit seinen Artgenossen. Insofern sehe ich diese Beziehung eher als Lehrer-Schüler-Bindung. Wir agieren, das Pferd reagiert. Umgekehrt wird man das in dieser Form hier nicht erleben, weil unerwünscht.

Die Rolle des Pferdes im Natural Horsemanship

Weiters gefällt mir nicht, was gleich fortführt, dass das Pferd hier kaum Möglichkeiten hat, selbst etwas anzubieten, weil man ihm die gewünschten Bewegungen vorgibt. Das Tier wird also keine Motivation haben, sich selbst etwas einfallen zu lassen, was eventuell eine richtige Antwort sein könnte, sonder nur drauf warten, welcher Wunsch als nächstes ausgesprochen wird und wird demnach reagieren.
Als dritten Punkt in der Minus-Liste muss ich (leider) anführen, dass solche Ausbildungen den Menschen etwas erblinden lassen. Erblinden, auf das Gefühlsleben und den Ausdruck des Pferdes bezogen. Viel zu oft habe ich mitangesehen, dass Menschen ihre Pferde mechanisch (weil sie die Bewegungen und Methoden beherrschen) durch das Roundpen schicken und dabei den Druck viel zu stark einsetzen. Es ist eine Lehr-Methode. Wenn das Tier die Lektion aus dem FF beherrscht, wozu muss ich es dann mit starrem Blick, das Sein in Stufe fünf herumklatschend, im Sekundentakt dazu zwingen, die Richtung zu wechseln? Hier kommt wieder das Raubtier im Menschen durch, welches den unbedingten Drang verspürt, das Tier zu beherrschen und im klar und deutlich mitzuteilen, dass es sowieso machen muss, was wir ihm sagen. Dies, meine Lieben, grenzt an Strafe und fördert so überhaupt nicht die Bindung zwischen euch und eurem Pferdchen. Und, ach du Schreck, auch nicht das Vertrauen! Vertrauen und anschließen tut man sich jemandem, der fair, berechenbar und klar bestimmt. Aber nicht euch, derer ihr euch Techniken bedient, um euer Pferd zu dominieren, koste es was es wolle. Insofern ein Appell an „Pferde-Menschen“ an sich selbst zu arbeiten und sich zu hinterfragen. Keine Sorge, das tut nicht weh. Naja, dem Ego vielleicht, aber das wird die Niederlage verkraften, versprochen. 😉
Kommen wir zum letzen negativen Punkt. Das Lob. Das fehlende Lob. Sorry, dass ich immer wieder darauf herum kaue, aber es ist nunmal einfach wichtig. Ihr freut euch, wenn ihr Lob für gute Arbeit bekommt, das Pferd freut sich auch. Leider aber vergessen wir das ständig. Parelli weist auch nicht extra oft drauf hin, schon klar. Das aber heisst nicht, dass ihr wie die Lämmchen strikt befolgen müsst, was euch vorgegeben wird. Klingelts? Genau. Ja, das Pferd muss sehr wohl strikt befolgen, was ihm vorgegeben wird. Trotzdem, oder gerade deswegen, können wir auch gerne dankbar dafür sein und dem lieben Tier unsere Dankbarkeit zeigen. Ab und an und immer öfter. Und es reicht meiner Meinung nach nicht, dem Pferd eine Pause zu gönnen, man muss schon auch mal etwas das Fellchen kraulen oder ihm sagen, dass es super mitarbeitet. Das wiederum fördert die Motivation, die Bindung und sogar das Vertrauen 🙂
Mein Fazit hierzu: Wenn man in der Lage ist, sich selbst zu hinterfragen und auch etwas modifizier-freudig ist, was das strikte Vorgehen angeht, ein feiner Ausbildungsweg für Pferd und Mensch. Für mich allerdings etwas zu reduziert, was die Belange des Pferdes angeht und lässt es den Menschen, blind und ohne nachdenken, erlernte Bewegungen ausführen. Hat man aber einiges an Gespür fürs Pferdchen in sich, wird man einige Teile davon positiv für sich nutzen und nach dem eigenen Ermessen anwenden und abwandeln, um das für sich wichtige damit zu erreichen oder zu fördern. Ein wichtiges Instrument natürlich heutzutage, wo viele die Ausbildung der Pferde selbst in die Hand nehmen und auf Trainer oft verzichtet wird. Allerdings gilt auch hier, dass man sich lieber unter- als überschätzen sollte und im Zweifelsfall besser immer einen geeigneten, gut ausgebildeten Trainer zu Rate zieht.
Weitere Natural Horsemanship Modelle werde ich hier nicht anführen, weil doch alle irgendwie das gleiche lehren.
 Tja… und was machen Herr Pony und ich jetzt also? Vom NHT selbst sind wir schon lange abgewichen. Schon allerdings verwenden wir Elemente daraus in der Bodenarbeit. Herrn Pony betreffend, hat sich dieses System einfach deshalb nicht bewährt, weil er so gar keinen Spaß an dieser Arbeit hatte. Und wer hält schon an etwas fest, das keine Freude bringt? Wir jedenfalls nicht. Und da wir den Luxus genießen, weder Erfolgsdruck noch Dominanzgier ausgesetzt zu sein, nehmen wir uns die Zeit, um herauszufinden, woran wir Freude haben und woran nicht. Seit einiger Zeit setzen wir ganz stark auf positive Verstärkung und haben auch den Clicker in Verwendung. Verbunden mit besagten NHT-Elementen tanzen wir fröhlich am Reitplatz rum und üben, was das Zeug hält 😀
Aber wie gesagt, weder er noch ich müssen ein bestimmtes Ziel erreichen. Diesen Luxus genießen Viele von euch und euren Pferden nicht, seht diesen Post also bitte nicht als Verurteilung. Ich bitte euch lediglich um Fairness dem Tier gegenüber und bitte, hinterfragt auch euch und nicht nur euer Pferd 🙂
Natural Horsemanship, Clickertraining
beim Natural Horsemanship

 

beim Clickern

Genießt den Tag!!

Liebe Grüße,

Tash

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5 Comments

  • Reply
    pfridolinpferd
    at

    Sehr schöner Artikel Hoffentlich macht er den einen oder anderen nachdenklich!

    LG
    Dein Pfridolin

  • Reply
    ponyliebe
    at

    Da kann ich mich Pfridolin nur anschließen und dir erst recht! Natürlich sind einige Elemente aus dem NHT gut. Darüber nachdenken sollte man auf alle Fälle. Aber eigentlich müsste es doch sehr schnell klar werden, dass ein Pferd nunmal nicht nach einem Lehrbuch/ einer Lehrmethode erzogen werden kann, sondern man viel ausprobieren und anpassen muss, bis man eben den einen Weg für sich gefunden hat. Bei uns ist das definitiv auch Clickern, gemischt mit ein bisschen Parelli und ganz viel Liebe und ohne Druck. Einfach mal 2,5h spazieren gehen und Blödsinn machen kann doch auch so wertvoll sein!

  • Reply
    Tash
    at

    hinzu kommt ja, dass auch jeder Mensch seine Eigenheiten hat. Ich zum Beispiel hab totale Schwierigkeiten mit Stimm-Kommandos 😀 Dementsprechend muss ich meinen Lehrplan viel mehr auf Gestik und Körperhaltung ausrichten… Aber bei so manchen wäre wohl auch daran das liebe störrische Pferdchen schuld.. Liebe Grüße an euch 😀

  • Reply
    Regine
    at

    Toller Artikel!
    Danke dafür.
    Ich komme zwar aus dem Bereich Hund, aber da ist es ja nicht anders.

    Darf ich dich auf einen Verschreiber hinweisen?
    „Hähne“ statt Zähne. ��

  • Reply
    Jana
    at

    Oh man, dieser Artikel trieft nur so von Halbwissen. Über NHS zu schreiben, wenn man den Sinn und die Möglichkeiten, die es bietet, nicht versteht, ist nicht gut. NHS ist schlichtweg der Versuch, die Kommunikation, die in einer Herde existiert (bei Wildpferden sehr schön zu beobachten), auf eine Pferd-Mensch-Kommunikation zu übertragen. Auch in der Herde gibt es Pferde, die sich gern anschließen. Sie suchen in dem Leittier Sicherheit und sind dann eher rangniedrig. Und die, die testen, legen sich eben mit den ranghöheren Tieren an. Dabei gehen die auch nicht zimperlich miteinander um. Das stärkste Tier sichert das Überleben der Herde und muss führen. Diese Position muss der Mensch zwingend einnehmen, sonst übernimmt das Pferd in einer Gefahrensituation die Führung und der Unfall ist vorprogrammiert. Wenn die Rollenverteilung geklärt ist, sind freie Entscheidungen des Pferdes bzw. Wünsche und Vorschläge, z.B. ich möchte jetzt nach rechts, statt nach links gehen, möglich. Aber eben erst dann. Ich habe nichts gegen Klicker, gerade bei stark traumatisierten Pferden, die so richtig vom Menschen versaut worden sind, kann das Klickern durchaus ein Türöffner sein. Allerdings ist auch in Herden zu beobachten, dass die Pferde die Futter abgeben, immer die rangniedrigeren Tiere sind. Leckerli geben kann man auch erst, wenn die Rollenverteilung in der Zweierherde ganz klar ist. Und trotzdem wird ein selbstbewusstes Pferd (nach Parelli die Leftbrains) immer wieder testen, ob du deiner Leitaufgabe noch gewachsen bist, daher legt das Pferd jedes Signal unsererseits auf den Prüfstand. Viele schnuppern leider nur mal rein und hören dann nach Level 1 praktisch nach der Grundschule auf. Aber Parelli ist wie ein Schulsystem, je höher im Level, desto feiner und besser wird die Kommunikation und damit entsteht eine feste Herdenbeziehung, in der die Rollen klar sind. Level 4 ist dann der Ausbildungsabschluss. Parellis Verdienst an NHS ist die großartige didaktische Aufbereitung des lernens der Pferdesprache. Ich bin Lehrerin und kann das glaube ich sehr gut beurteilen. Ein „Das ist für mein Pferd nicht geeignet“ gibt es nicht. Das ist eine faule Ausrede des Menschen. Wir Menschen sagen ja auch nicht, „die Schule ist nicht für mich geeignet“, sondern „ich habe keinen Bock auf Schule“.

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