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Die Hänger-Angst

Hängertraining? Immer wieder wird (ob im Fernsehen, im Internet, in Büchern, etc.) gezeigt, dass Pferde gröbere Probleme damit haben, in den Transporter einzusteigen. Auch verschiedenste Lösungsansätze werden uns nicht erspart. Selten aber wird das „WARUM“ besprochen und schon gar nicht die komplexe Kombi der Gefühls- und Körperwelt des Pferdes, speziell dieses Thema betreffend, erklärt.
Ein Pferd steigt nicht aus Trotz nicht in den Hänger. Es hat immer einen Beweggrund, warum es etwas macht oder eben nicht macht. Es dann in den Hänger zu zwingen, weil es sich nur doof anstellt, weil es extra nicht in den Hänger steigt, um uns zu ärgern, es gröber anzufassen, damit es merkt, wer der Herr ist, sind keine seltenen aber komplett falsche Lösungsansätze.
Aber fangen wir von Vorne an. Grundsätzlich müssen wir uns mit dem Wesen des Fluchttieres befassen. Ein Hänger ist eng und von allen Seiten begrenzt. Er entspricht also überhaupt nicht der natürlichen Umgebung des Pferdes. Es hat keine Fluchtmöglichkeit, keine Bewegungsfreiheit und das Sichtfeld ist sehr begrenzt. Dass dies Angst und Alarmbereitschaft auslöst ist selbsterklärend.
Betrachten wir zusätzlich noch das Auge des Pferdes, welches sich nur ganz langsam an neue Lichtverhältnisse einstellt, dem entsprechend es von draußen in eine erstmal schwarze Umgebung gelangt, die erst nach und nach etwas heller wird, sollte uns klar werden, dass dies die Vorsicht noch verstärkt.
Auch fällt ab der Aufstiegsrampe die Sicherheit des festen Bodens unter den Füßen weg. Was ergibt sich dadurch? Genau: Unsicherheit.
Anderes Beispiel: Ein Pferd ist bisher unproblematisch mit dem Hänger gefahren und steigt von heute auf morgen nicht mehr ein. Dann solltet ihr überlegen, wohin eure letzte Reise ging und was ihr und euer Pferd dort erlebt habt. Oft reicht zb. ein kleiner unpassender Moment unterm Sattel aus, um eine „falsche Verknüpfung“ herzustellen (das Pferd hat Schmerzen im Rücken, verknüpft diesen Schmerz aber nicht mit dem Reiter, sondern mit der Tatsache, dass der Hänger es an diesen Ort, in diese Situation gebracht hat) – bitte denkt nicht zu komplex, das hier wird von einem Menschen für Menschen erklärt.
Wie aber bringe ich meinem Pferd bei, dass es angstfrei in den Anhänger steigt und sich sicher transportieren lässt? Hier gibt es wohl genau so viele Möglichkeiten wie Problemstellungen. Natürlich werde ich hier nicht alle erläutern, die wichtigsten Vorbereitungsübungen aber gerne. Und bitte nehmt Abstand von Youtube-Videos etc, welche zeigen, dass das Problempferd innerhalb kürzester Zeit gerne und freiwillig in den Hänger steigt. Die Hintergrundarbeit besteht meist aus viel Druck, welcher sich gegen das Pferd richtet und im Grunde keinen anderen Ausweg lässt, als eben den Hänger zu besteigen. Dies wiederum hat aber nichts mit Freiwilligkeit zu tun und sollten solche Methoden von wirklichen „Pferde-Menschen“ gemieden werden.
Vorab ist noch wichtig, dass der Hänger beim Üben immer am Auto hängt und fixiert ist. Steht der Hänger alleine, wird er kippen, wegrollen etc. (nicht auszudenken!). 
Was ihr immer mitbringen müsst:
1. Zeit und Geduld
2. festes Schuhwerk
3. Ein gut sitzendes Halfter
4. Einen intakten Strick
Ein unkomplizierter Weg, dem Pferd den Transporter näher zu bringen stellt sich wie folgt dar und ist besonders für Pferde geeignet, die noch nie mit Anhängern in Kontakt waren:

1. Hängertraining – Selbsterkundung

Natürlich ist auch hier wieder oberstes Gebot, dass der Hänger am Fahrzeug angehängt bleibt und beides fixiert wird, also keine Möglichkeit hat, zu wanken oder wegzurollen. Das Gespann wird einfach auf der Weide abgestellt und zur Selbsterkundung freigegeben. Es ist darauf zu achten, dass rund um das Gespann keine Engpässe entstehen, die Pferde also in jede Richtung die Möglichkeit haben, auszuweichen. Die Rampe kann gerne geöffnet werden, die Türe vorne (würde ich) aber geschlossen zu halten (man weiß nie, ob ein neugieriges Pferdchen auf die Idee kommt, durch diese kleine Türe in den Hänger zu wollen. Die Verletzungsgefahr scheint mir hier demnach zu groß). In einem weiteren Schritt kann Heu auf die Rampe gelegt werden, um die Neugier zu fördern, zu einem späteren Zeitpunkt der Leckerbissen etwas weiter oben auf der Rampe platziert werden und so weiter. Förderlich ist es, wenn der Hänger-Lehrling mit Pferden auf der Übungsweide steht, die Transporte kennen und sich nicht davor fürchten. Da Pferde viel durch „Abschauen“ lernen, helfen erfahrene Herdenmitglieder ungemein.

2. Hängertraining: Vorbereitungsübungen

a) Engpass
Um dem Pferd die Angst vor Engpässen zu nehmen, können Engpass-Situationen auf zb. dem Reitplatz nachgestellt werden. Hierzu benötigt man eine Bande, bzw. eine äußere Begrenzung. Die innere Begrenzung stellt ihr als Mensch dar. Wieder gilt: Klein anfangen, was in diesem Fall ein großer Abstand zwischen Bande und euch bedeutet. Durch diesen Freiraum bittet ihr euer Pferd, durchzugehen. Vergesst dabei nicht, jeden richtigen Ansatz zu loben (wer mit Clicker arbeitet, clickt jeden richtigen Ansatz – hier den Leckerbissen nicht vergessen). Schafft es das Pferd problemlos durch den großen Engpass, kann dieser immer mehr verringert werden (vergesst auch dabei nicht, genügend Zeit mit zu bringen – Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut. So ein Training kann auch mehrere Wochen in Anspruch nehmen). Unnötig ist es natürlich, sich so eng zur Bande zu stellen, dass das Pferd sich gerade noch durchquetschen kann.
b) Seitliche Begrenzung /Begrenzung nach vorne/hinten
Ein Folgeschritt wäre es zb. das Pferd auch darauf vorzubereiten, dass es nach vorne und zur Seite, bzw. nach hinten und zur Seite begrenzt stehen bleibt und dabei Ruhe bewart. Hierzu könnt ihr Sprungsteher an die Bande stellen, Sprungstangen auflegen, und euer Pferd in eben diesen Engpass hinein führen. Auch hier gilt wieder, jeden Ansatz zu loben und zu bestärken (Clicker – eh schon wissen :)). Und ja, auch dieses Training wird bei so manchen Pferden wieder einiges an Zeit beanspruchen. Übt euch also bitte in Geduld und verliert ja niemals die Nerven, soll ja alles auch Spaß machen.
c) Gummiger Untergrund
Auch ein veränderter Untergrund (Rampe, Gummimatte im Hänger) kann beim Pferd Angst auslösen. Auch hier hilft eine Trockenübung. Irgendwo in jedem Stall sollte sich eine Gummimatte befinden, die ihr für euch Zweck entfremden könnt. Diese legt ihr also auf den Reitplatz und lasst euer Pferd drauftreten, darüber gehen etc.. Auch hier ist schon ein interessierter Blick lobenswert und sollte dementsprechend bestärkt werden. Tappst das Pferd mit dem Huf drauf, ebenso – Lob. Wieder gilt, kleine Schritte führen zum Erfolg und wieder wird so mancher an seine Grenzen stoßen. Das schöne aber dabei ist, dass hier nicht nur Ängste aufgelöst werden, die Pferd-Mensch Beziehung und das Vertrauen werden ebenso gestärkt. Jede Minute ist also wertvolle Arbeit in jede Hinsicht. Dies betrifft natürlich auch die oben stehenden Punkte, um welche das Mattenspiel auch ergänzt werden kann (Engpass über Matte, Begrenzung – Stehen auf Matte).
Habt ihr ein wirklich ängstliches Pferd an eurer Seite, hilft meist tatsächlich ein befreundetes Pferd, das solchen Sachen gut gewachsen ist und dementsprechend als Vorbild dienen kann. Das sichere Pferd macht die Übung vor – ihr macht sie mit eurem ängstlichen Pferd nach. Ein weiterer Vorteil ist es, dass auch ihr so einen Trainingspartner habt, der euch ev. auf die Finger schaun und euch aber auch bestärken kann. Ist ja so schlecht auch nicht.

3. Hängertraining: Übungen am Angst-Objekt

Auch hier, wenn direkt mit dem Transporter gearbeitet wird, muss dieser immer am Fahrzeug hängen und fixiert sein. Ein Wegrollen oder Kippen ist gefährlich und muss ausgeschlossen werden. Wieder hilft hier ein sicheres Pferd, um die Scheu zu nehmen. Ihr wiederum benötigt festes Schuhwerk, ein gut sitzendes Halfter, einen intakten Strick usw. Eure Sicherheit sollte euch ebenso am Herzen liegen, wie die des Pferdes. Und wieder muss jeder richtige Schritt bestärkt und gelobt werden, wieder kann das Üben einige Wochen in Anspruch nehmen. Der erste Blick zum Hänger – Lob, die erste Berührung des Hängers – Lob und so weiter fort. Und gebt euch gerne mit kleinen Erfolgen zufrieden. Setzt das Pferd einen Huf auf die Rampe, kann die Einheit auch schon wieder beendet werden für den Tag. Niemals bitte das Pferd in den Hänger schieben, zu machen und losfahren… das alles ist in weiter Ferne und Hektik ist so garnicht angstlösend. Tag eins also, Huf auf der Rampe – Super und aus. Tag zwei, beide Vorderhufe auf der Rampe – Super und aus,… (Die Clickerer bestätigen alles wieder mit Click und Belohnung, wie immer). Schafft das Pferd es gut, im Hänger zu stehen, wieder raus damit und loben. Dann macht man am nächsten Tag die Rampe kurz zu, wieder raus und loben. An einem anderen Tag fährt man ein paar Meter, wieder raus und loben. Stockt das Training, wird die Angst an einem Punkt größer, gerne wieder einen Schritt zurück und erneut viel Zeit dafür genommen. Klingt alles fürchterlich und langwierig, ich weiß, euer Pferd aber wird es euch danken. Auch ihr werdet es euch danken, erspart ihr euch später viel Stress und Ärger weil das Tierchen freiwillig und angstfrei einsteigt und weder Hektik noch Zwang nötig sind, um es in den Transporter zu scheuchen.
Sodala, ich hoffe, das hilft euch ein wenig und macht euch Mut, nicht den Kopf in den Sand zu stecken, wenns mal nicht so toll funktioniert 🙂

Alles Liebe,

Tash

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2 Comments

  • Reply
    Nadja
    at

    Hi Tash,
    danke für den Artikel. Zwei Fragen hätte ich. Es heißt ja, dass Lob oder Strafe schnell hinter ein bestimmtes Verhalten geschaltet werden müssen, damit das Pferd eine Verknüpfung herstellen kann. Wie ist das dann mit dem Stress auf dem Lehrgang und der späteren Weigerung nicht mehr in den Hänger zu gehen? Sind solche Verknüpfen tatsächlich möglich im Pferdehirn? (ich denke ja, aber mir fehlt eine Erklärung. Vielleicht kannst du helfen). Und dann: Ich glaube durchaus, dass es Pferde gibt, die keine Lust haben, in den Hänger zu gehen – es muss nicht immer ein Angstproblem sein. Die haben dann einfach eine bessere Idee. Das mit dem Engpass, der vorne begrenz ist, ist eine super Idee. Muss ich mal testen, wenn's soweit ist. VG! Nadja

  • Reply
    Tash
    at

    Hi Nadja! Fehlverknüpfungen gibt es ja tatsächlich. Und immerhin ist das Ausgangsproblem dann ja der Hänger, der das Pferd auf eben diesen Lehrgang gebracht hat. Grad vor kurzem hab ich eine Diskussion verfolgt, in der ein Mädel nach Rat gefragt hatte, weil ihr Pferd nicht mehr in den Hänger will (mit dem sie zum Training gefahren ist), gleichzeitig aber erwähnte sie Muskelkater und Rückenprobleme des Pferdes, weil sie es im Training überfordert hatte. Anstatt sich zu überlegen, was das Hintergrundproblem sein kann, packt sie das Pferd mit Sack über dem Kopf, mit Peitschenhieben wasweissichnochwas an, weil es ja nur störrisch ist. Natürlich ist auch mal das Gras vor dem Hänger zu interessant, um jetzt bereitwillig sofort den Transporter zu besteigen, das stelle ich garnicht in Frage, ich wollte nur nicht im Post gleich die Leserlein, die sich dann genau diesen Satz als „Ja, so ist das bei mir“ aussuchen, darin bestärken, dass es eben doch nur Trotz ist. Natürlich muss nicht immer Angst vorherrschen, immer jedoch hat das Pferd einen Grund, den Hänger nicht zu besteigen 😀 Liebe Grüße!!

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