Tash-Horseexperience
Pferdehaltung

Augen auf beim Pferdekauf

… oder sollte ich sagen Verstand und Herz?
Immer wieder bin ich schockiert darüber, wie viele Pferde durch viele Hände, durch viele Ställe gereicht werden. Ihr wisst schon, dass man ein Tier nicht aus einer Laune heraus kauft? Dass man eine enorme Verantwortung für ein LEBEWESEN übernimmt?
Gern stelle ich euch ein paar Überlegungen zur Verfügung, die vor dem Kauf eines Pferdes notwendig sind.
1. Was erwarte ich sportlich von dem Pferd?
Will ich Western-, Englisch-, Freizeitreiten? Welche Klassen will ich mit dem Pferd erreichen? Das mag euch jetzt ganz neu vorkommen: Jedes Pferd und jede Rasse hat so ihre eigenen Veranlagungen. Manche sind für die Dressur besser geeignet, manche für das Rindertreiben. Also bitte informiert euch ausreichend über die Anlagen des Wunschpferdes. Es bringt nix, wenn es eine hammertolle Trabverstärkung zeigt, ihr aber Springen wollt und es die Beine nicht vom Boden bringt.
2. Was erwarte ich vom Charakter?
Will ich ein aufgewecktes, spritziges Pferd? Bevorzuge ich eine ruhige Seele, die mutig überall lang geht? Möchte ich eine gewisse Herausforderung und bin ich dieser überhaupt gewachsen (ja, welch Schock, ihr müsst euch auch selbst hinterfragen :O).?
3. Wie will ich das Pferd unterbringen?
Eine der wichtigsten Fragen überhaupt. Vor dem Pferdekauf muss die Umgebung nach geeigneten Ställen abgesucht werden. Das Pferd braucht genügend Auslauf, Kontakt zu Artgenossen und muss gut versorgt werden. Wenn ihr über die Haltung zu wenig wisst, also auch unbedingt dazu vieles in Erfahrung bringen.
Ein Pferd braucht eine gewisse Beständigkeit. Häufige Stallwechsel sind mit Verlusten von Freunden und gewohnter Umgebung, mit neuen Auseinandersetzungen mit Artgenossen verbunden und verlangen dem Tier jedesmal einiges ab. Egoismus also fehl am Platz.
4. Verfüge ich über die nötige Finanzkraft?
Mit dem Pferdekauf ist es nicht getan. Ein Pferd in einem Reitstall einzustellen kostet Geld. Monatlich. Dazu kommen Kosten für Tierärzte, Hufschmied, Ausrüstung, Training und sonstige Kleinigkeiten.
5. Bin ich beständig genug?
Eine sehr, sehr wichtige Frage. Ein Pferd wird an die 30 Jahre alt. Es ist also auch dann noch da, wenn sich die Mode ändert. Sollte im kommenden Halbjahr der Hund das perfekte Accessoire sein, kann ich das Pferd nicht in der Altkleidersammlung abgeben. Und auch wenn ich es fürs Westernreiten gekauft habe, was auch seiner Veranlagung entspricht, wird es nicht, weil unsere Einstellung sich jetzt am Springen orientiert, über Nacht zum Springpferd. Nein. Es bleibt ein Westernpferd. Schockierend, nicht? Sowas von unflexibel, diese Tiere…
Ich habe es unter Punkt 3. schon angesprochen. Pferde benötigen eine gewisse Beständigkeit. Auch wenn sie sehr neugierig sind und sich dem entsprechend über Neues freuen, fühlen sie sich eben in ihrer gewohnten Herde wohl. Geht ein Pferd durch viele Hände, muss es sich oft neu einrichten. Auf neue Menschen, auf neue Artgenossen. Hat man etwas Verstand, lässt man sich auf ein Pferd ein und richtet sich eben nicht nur nach dieser heutigen materiellen Welt, in der der Austausch zur Mode gehört. Man steht zu dem, was man hat. Auch wenn es irgendwann nicht mehr in der Lage ist, unseren Vorstellungen zu entsprechen. Ein Pferd kann sich seine Begleiter nicht aussuchen, es ist gezwungen mit uns zu leben. Und nein, das heißt nicht, dass wir frei über eben dieses Leben verfügen können, weil es uns gehört.

Und ja, Demut, Respekt und Dankbarkeit sind schöne Worte, deren Bedeutung man heutzutage wohl meist nur noch auf Wikipedia in Erfahrung bringt, weil kaum mehr jemand darüber verfügt. Ich bin sehr, sehr dankbar dafür, dass mich meine Ponys begleiten. Und (wieder ein Schock) das, obwohl Herr Pony ein Montagspferdchen ist und Spencer nicht groß genug wird. Auch als Mensch kann man seine Einstellung an das Vermögen des Pferdes anpassen und (noch ein Schock) sogar Spaß und Freude daran haben.

Klaudia von Two-Toned.at hat sich hier noch weitere wichtige Gedanken zum Thema gemacht!

Hinterfragt euch doch bitte einfach mal selbst und nehmt nicht alles als so selbstverständlich wahr…
Pferdekauf
Liebe Grüße,
Tash

 

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4 Comments

  • Reply
    Sebastian
    at

    Eine schöne Anleitung – die mich mal wieder darin bestätigt, Pferde nur aus Plüsch zu kaufen. Die brauchen wenige Platz (schlafen im Kinderbett mit) und sind äußerst anpassungsfähig (in einer Sekunde vom Kuschelpferdchen zum Springstar oder Galopper) und leiden auch nicht, wenn sie mal ein paar Wochen zugunsten anderer Tiere vernachlässigt werden. Für ein „echtes“ fehlt uns zu allererst die Zeit.

  • Reply
    Claudia Scheler
    at

    Ich finde es fehlt ein ganz wichtiger Punkt – Sebastian spricht ihn schon an! ZEIT! Habe ich die Zeit für ein Pferd? Ein Pferd bedeutet JEDEN Tag Stall – das kann variieren von 30 min bis hin zu mehreren Stunden. Ein Sportpferd braucht außerdem die Bewegung unterm Sattel, d.h. da kann ich nicht mehrere Tage hintereinander sagen, ach heute misste ich nur.

    Gut dann eben eine Reitbeteiligung. Auch dieser Punkt ist nicht zu unterschätzen – es ist gar nicht so einfach jemand gutes und zuverlässiges mit Pferdeverstand zu finden!

    Zu deinem Punkt 5: Sagen wir mal so, ein Pferd wird man einfacher wieder los, als einen Hund. Wenn man im Sport reiten möchte, dann kann ich durchaus verstehen, dass Pferde in Rente geschickt werden und dann auch weiter verkauft werden. Vielleicht an jemanden der dann noch was auf dem gut ausgebildeten Pferd lernen kann? Oder jemand der nur ins Gelände geht und Pferdchen genießt einen tollen Lebensabend? Warum nicht?

  • Reply
    Tash
    at

    Du hast recht, Claudia. Zeit ist ein sehr wichtiger Punkt. Sportpferde und die Sportreiterei an sich spreche ich hier absichtlich nicht an, sonst würde der Post wohl Buchumfang erreichen.

    Und zum weiter verkaufen… ist es nicht meist so, dass eben nicht der glückliche Lebensabend eintritt, weil der Ehrgeiz des neuen Reiterleins gestillt werden will?

    Liebe Grüße an dich!

  • Reply
    pfridolinpferd
    at

    Absolut richtig. Ehrgeizige Zeitgenossen werden auch schon mal älter als 30 – ich denke da an bestimmte Ponies aus meinem Bekanntenkreis. Da muss man/frau sich vorher wirklich überlegen, ob man/frau dem gewachsen ist – Stichwort Kinderpony.

    LG
    Dein (ewig junger :)) Pfridolin Pferd

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