Tash-Horseexperience
Das Lächeln siegt über den Kampf
Clickertraining Training mit alternativen Ansätzen

Kämpfst du noch, oder lächelst du schon?

Blicke ich auf meine pferdige Laufbahn zurück, muss ich feststellen, dass da wenig Platz war für Fairness. Dass diese Zeit tatsächlich von Ehrgeiz, dem „bewundert werden wollen“ und dem Drang, etwas erreichen zu müssen, geprägt war.

So trainierte ich für Turniere im Dressur- und Springsport, hatte mein Pferd in einem Reitstall untergebracht, in dem die Boxen klein und durch Gitter getrennt waren. Koppelgang fürs Pferdchen ja, aber alleine und auf einem kleinen, überschaubaren Bereich.

 

Ehrgeiz macht das Leben schwer

Beinah jeden Tag wurde geritten und trainiert, was das Pferdchen hergab. Dabei stand weder ich, noch das Wohl meines Pferdes im Vordergrund, sondern einzig und allein der mögliche Erfolg. Dieser Erfolg war gekennzeichnet von Pokalen und Schleifchen und Richterprotokollen.

Erst als die Grenzen meines Pferdes in der Höhe der Klassen erreicht war, konnte ich einlenken und sehen, dass es Wichtigeres gab, als Turniere und Siege. Damals war im Gespräch, dass ich ein neues Pferd unterm Sattel benötigen würde, um erfolgreich zu sein.

Es fiel mir wie Schuppen von den Augen. Zu diesem Zeitpunkt nahm ich zum ersten Mal das Wort „Freund“ im Zusammenhang mit meinem Pferd in den Mund. Ich sollte meinen „Freund“ gegen den Erfolg austauschen? Niemals. Und damit änderte sich alles.

 

Lehrmeister Pferd

Kein gutes Foto, ich weiß… aber darf ich vorstellen:
Mein erster großer Lehrmeister Filius <3

 

Als das Lächeln begann

Ich startete keine Turniere mehr, fing an, mit meinem „Freund“ Spaziergänge und lange Ausritte zu unternehmen. Auch wechselten wir den Stall, weg von engen Boxen, hin zu Herdenhaltung und Weidegang, so viel wie nur möglich.

Auch mein Pferd änderte sich mit den Umständen. Nun war er an der Reihe. Er hatte endlich eine Herde, die ihm bald wichtiger wurde, als das Zusammensein mit mir. So kam es, dass ich ihn schon bald nicht mehr von der Weide holen konnte. Er zeigte mir ganz deutlich, dass auch seine Bedürfnisse wichtig waren und ich akzeptierte. Das war wohl der Anfang des Denkens. Und ich glaube, ich habe in dieser Zeit wirklich auch das Lächeln gelernt.

Auf einmal war es nicht mehr wichtig, etwas zu erreichen. Da war die Freude im Herzen, dass sich mein Pferd wohl fühlte, endlich das Leben führte, das ihm zu stand. Dabei nahm sich mein Freund auch Zeit für mich. Hald eben dann, wenn er auch wirklich Zeit hatte. Und diese Zeit lernt man zu schätzen. Man lernt, auf andere Rücksicht zu nehmen, Entscheidungen zu akzeptieren und sich über die kleinen Dinge des Lebens zu freuen.

 

Fairness wird belohnt

Dieser alte weise Freund hat mich vor sieben Jahren verlassen. Zufrieden und wissend, dass er mir wichtig war, dass er die letzten Jahre so leben konnte, wie es für ein Pferd wichtig war. Ich denke, er hat mir verziehen, dass ich oft unfair im Umgang war. Ich konnte ihm zeigen, wie viel er mir bedeutete und konnte ihm Respekt entgegenbringen. Die Herzenswärme, die mich erfüllt, wenn ich an dieses Pferd denke, wird mich mein restliches Leben begleiten.

Shadow, als Nachfolger (wenn man das so nennen will) hat sein Zepter übernommen und arbeitet seither weiter an mir und meinem Verständnis. An meiner Rücksicht, an meiner Achtsamkeit und Fürsorge.

Dieses Pony hat mir von Anfang an meine Grenzen aufgezeigt und mein Auge geöffnet für das, was wirklich zählt. Kleine Erfolge, die Rücksicht auf ihn und seine Bedürfnisse. Pferde machen uns zu besseren Menschen – wenn wir ihnen die Chance dazu geben.

Shadow spiegelt mich, als stünde tatsächlich mein Selbst vor mir. Er zeigt mir, wenn ich falsch liege, lächelt mit mir, wenn ich mich freue. Dabei freue ich mich mittlerweile nicht mehr über meinen, sondern viel mehr über seinen Erfolg. Seinen Erfolg, mich zu unterstützen und zu wachsen. Seinen Erfolg, nach bestimmt vielen, für ihn weniger guten Jahren, ein pferdiges Leben zu führen und zufriedener zu werden.

Nur mit einem Lächeln kannst du siegen

 

Er lehrte mich, zu lächeln anstatt zu kämpfen. Im Zusammensein mit Pferden hat Kampf nichts verloren. Statt dessen muss Zeit, Gefühl, Achtsamkeit und Freude her. Anstatt mich am Endergebnis zu orientieren, habe ich es gelernt, den Weg als Ziel wahrzunehmen. Jeder noch so kleine Schritt in die richtige Richtung zaubert nun ein Lächeln ins Gesicht.

Unfairer Umgang hat keinen Platz mehr, Schleifchen sind unwichtig geworden. Ich kann nun unseren gemeinsamen Weg gehen, ohne mich von außen beeinflussen zu lassen. Ich kann die gemeinsame Zeit genießen und mich darüber freuen. Ich kann Rücksicht nehmen, ohne damit selbst in den Hintergrund zu geraten. Weil Shadows Erfolg zu meinem wurde.

Ich konnte lernen, dass Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit die einzige Regel ist, die ich befolgen muss. Ich muss keinem Muster, keiner Skala, keiner Erwartung entsprechen. Wenns heute nicht klappt, dann eben morgen. Lächeln – Krönchen richten – weiter machen 🙂

Kurze Rede, langer Sinn:
Ihr seid ein Team, im Team zählt jeder Einzelne. Achso, und das Lächeln nicht vergessen! 😀

 

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4 Comments

  • Reply
    Saskia von PferdeSpiegel
    at

    Oh krasser Text für mich als „Schon-immer-Tüddel-nie-Turniert-Tante“ 😉 Ich war leztens das aller erste Mal als Zuschauerin auf einem Turnier und ich kann es einfach nicht vestehen, warum man das mit seinem Pferd macht. Durch solche Geschichten wie Deine verstehe ich das aber doch ein wenig. Das Pferd wird einfach wirklich ganz anders wahrgenommen von den Reitern als ich es gelernt habe. Ich bin so dankbar, dass ich den achtsamen Umgang mit Pferden als Kind kennen gelernt habe. 🙂
    Absolut klasse, dass Du dann für Dich einen neuen Weg gefunden hast. Shadow dankt es Dir sicher sehr! Liebe Grüße, Saskia von PferdeSpiegel

  • Reply
    Tash
    at

    Naja, ich bin hald ein richtiges Reitstall-Kind, gell… Da lernt man meist nicht mal das drum herum, wie Striegeln oder selbst Satteln. Aber man kann ja wachsen und sich ändern. Selbst die Augen öffnen und dazulernen… <3

  • Reply
    Saskia von PferdeSpiegel
    at

    Absolut! Und anderen öffnest Du mit solchen Artikel sicherlich auch die Augen <3

  • Reply
    Mary
    at

    Toll geschrieben ich selbst hatte zwar Pläne als ich vor 10 Jahren meine spirit zu mir holte, habe mich aber zu viel von andern beeinflussen lassen.
    Nicht gut merkte ich bald, mein Pony war stur unreitbar und ich landete oft im Sand, lachte und stieg wieder auf. Heute kommt sie wenn ich pfeife und wir unternehmen was ich habe gelernt auf mein Herz zu hören und auf mein Pony sie spiegelt mich und zeigt mir meine Fehler auf daran wächst man und ich bin glücklich mein Pony als Kumpel zu haben. Ich habe keine Sekunde bereut die ich mit ihr verbracht habe und hoffe noch viele in ihrer Gesellschaft verbringen zu dürfen

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